Vom 20.08. bis 27.08.2022 mit Klaus Rudelt und Prof. Dr. Regina Moczadlo
Gesamtdistanz 196 Seemeilen
Es zieht uns mal wieder an die Ostsee. Diesmal dürfen wir die Yacht des Stuttgarter Segelclubs StSC nutzen. Der Ausgangs- und Zielhafen ist Sønderborg/Dänemark.
Wir nutzen die Anfahrt, um am Donnerstag, 18.08.2022 einen Besuch auf der Documta fifeteen zu machen und übernachten anschließend im Hotel Mountainpark im Druseltal Wilhelmshöhe. Am Freitag geht es dann nach Norden, in den Yachthafen Sønderborg. Unsere SY STUTTGART liegt am Kopfsteg A.
Nach den Übernahmeformalitäten genießen wir den Ausblick auf die See. Regina bereitet ein hervorragendes Dinner an Bord vor, es gibt Tagliatelle mit Scampi und Spinat. Nicht genug damit, werden wir doch überrascht mit einem Feuerwerk zur Begrüßung, das Konstanzer Seenachtsfest lässt grüßen.
Aus dem Bordbuch
Tag 1, Samstag, 20.08.2022 Sønderburg nach Høruphav, 11 sm
Zum Frühstück brachte der Autor Brötchen vom ortsbesten Bäcker mit. Die Preise sind freilich deutlich höher als in Deutschland. Ich zahlte für vier Brötchen und zwei Teilchen umgerechnet rund 13 €. Wie immer gibt es auch bei kleiner Crew immer eine Schiffs- und Sicherheitseinweisung, die auch das Einstellen und Bereitlegen der Rettungsweste beinhaltet, näheres dazu unter https://meinsegeln.de/schiffs-und-sicherheitseinweisung/ und https://meinsegeln.de/persoenliche-sicherheit/.
Wir sind das erste Mal an Bord der SY STUTTGART, eine persönliche Einweisung war nicht möglich, somit nahmen wir mehrmals Kontakt mit Hartmut Metzger, dem Verwalter der Yacht auf, um Details abzustimmen. Gegen Mittag war es dann soweit und wir legten ab. Zunächst war uns klar, dass wir ausschließlich in der Dänischen Südsee unterwegs sein wollten, denn der Wind war nicht da, dafür aber ausreichend Sonne. Somit entschieden wir uns, in den nahegelegenen Hafen von Høruphav einzulaufen. Wir konnten direkt an den Gästesteg längsseits gehen.
Hafengebühr 190 DKK plus 20 DKK für Strom
Die Dänische Krone wird derzeit mit einem Kurs von 0,134 gehandelt. Das entspricht etwa 7,5 Kronen pro Euro.
Nach einem Spaziergang im Ort bereitete Regina wieder ein wunderbares Dinner an Bord, diesmal gab es Chickenwings mit Salat.
Tag 2, Sonntag, 21.08.2022 Høruphav nach Æroskøbing, 30 sm
Die Wettervorhersage der nächsten Tage verspricht konstanten Südostwind mit 3-5 Bft, beginnend heute mit SW3. Somit entscheiden wir uns, statt in der Dänischen Südsee zu bleiben, doch rund Fünen zu segeln. Somit ist unser nächstes Ziel klar, Æroskøbing.
Nach dem Frühstück wird klar Schiff gemacht und um Dreiviertelneun mit Eindampfen in die Vorspring abgelegt. Den Tag über haben wir tatsächlich immer 3-4 Bft aus W, SW und S. Zwei Stunden schönes Raum- und Vorwindsegeln.
Um 15.30 Uhr erreichen wir das betonnte Fahrwasser nach Æroskøping, das wir unter Maschine nutzen, während der Skipper die Segeln klariert, die Fender ausbringt und die Festmacher vorbereitet und anbringt. Bereits eine Viertelstunde später liegen wir rückwärts am Außensteg mit einem herrlichen Blick auf den Belt und befinden uns im Windschutz der Sprayhood.
Den ersten Anleger gibt es mit Kaffee, Keksen und Schweinsohren. Gerade als wir unseren Rundgang ins Städtle machen wollen, kommt der Hafenmeister und kassiert die Hafengebühren. Das ist hier der Service, die Verwaltung des Hafens möchte nämlich, dass der Hafenmeister den Kontakt mit seinen Gästen pflegt. In allen anderen Häfen zahlten wir übrigens die Hafengebühren ausschließlich am Automaten. Das könnte auch ein Beispiel für den Mittelmeerraum sein. Unkomplizierter und schneller geht es kaum.
Hafengebühr 180 DKK, inclusive Strom, Internet und Duschen
Wir verholten uns in den Ort, den wir ausgiebig besichtigten und fotografierten.
Unser heutiges Dinner ist Bratwurst mit Salat, selbstredend, dass es Regina zubereitete und wir es an Bord einnahmen.
Tag 3, Montag, 22.08.2022 Æroskøbing nach Lundeborg, 26 sm
Früh aufstehen, den Sonnenaufgang genießen, mit dem SUP eine Runde um das Ankerfeld, Baden. Regina wurde beim Einkaufen beklaut, es fehlte eine Stange Lauch.
Gegen 10.30 Auslaufen und überwiegend mit Motor in den Svendburg Sund, betonntes Fahrwasser.
Am nördlichsten Punkt ändert sich die Betonnungsrichtung von grün an Stb auf rot an Stb.
Eigentlich hätten wir gegen eins bereits da sein sollen. Das Ziel war Troense. Allerdings waren wirklich alle bereits alle Plätze belegt, so dass wir uns entschlossen, eine andere Marina auf der Route anzulaufen. Die Wahl fällt auf Lundeborg, eine Hochburg für Camper. Auf den Weg dorthin, einen Nordkurs frischt der Wind immer mehr auf, von anfänglich E2 auf später E3.
Diese Marina erreichen wir gegen 17.00 Uhr und können noch gerade einen Platz an der konvexen Mole gegenüber der Hafeneinfahrt ergattern. Dafür hat er Schwell und kostet davon unabhängig
Hafengebühr 180 DKK, inclusive Strom
Nach einem schönen Anleger mit Krabbensalat und Fischfrikadelle machen wir uns wieder auf, die Stadt zu erkunden. Diesmal ist es eher enttäuschend, alles ganz normal. Hafenbesichtigung, sehr schön angelegt.
Gegen 21.00 gibt es, wie mittlerweile üblich, Dinner an Bord, Schweinegeschnetzeltes über Gnocchi.
Tag 4, Dienstag, 23.08.2022 Lundeborg nach Kerteminde, 26 sm
Dieser Tag ist das Highlight der Reise und wird uns auch gemessen an vielen anderen Törns in Erinnerung bleiben. Es geht um die Unterquerung der Storebæltsbroen, der 18 km langen Brücke zwischen Fünen und Seeland, näheres dazu siehe https://www.travelguide.de/storebaelt/.
Für diese und die kommenden Abschnitte beginnt unser Tag meist bereits um sechs oder halb sieben. Das Ziel ist es, immer rechtzeitig in dem Zielhafen anzukommen. Bei einer Ankunft nach 15 Uhr ist die Wahrscheinlichkeit hoch, keinen Liegeplatz mehr zu bekommen.
Somit bereits um 06.30 Aufstehen, Frühstück und klar Schiff machen. Gegen 08.00 Auslaufen mit Eindampfen in die Vorspring. Sofort bei SE4 Segel Vollzeug gesetzt und mit 6-7 Knoten Richtung der Großen Belt Brücke, der Storebælt Brücke gesegelt. Der Wind frischte auf, so dass wir uns nach rund einer Stunde entschieden, ins Groß das erste Reff einzubinden. Von Hartmut kam bekommen wir den Hinweis, dass wir die Passage bei der Belt Traffic anmelden müssen, was wir auch umgehend taten, siehe BELTREP Ship Reporting System. Sie bestätigten die 18 m, die Kameraden des StSC bestätigten die 15,50 m Höhe über Wasserlinie, so dass die Entscheidung beibehalten wurde, die Brücke Storebæltsbroen Westerrenden zu queren.
Um kurz vor zehn war es dann soweit, wir erreichten die südliche Ansteuertonne der Westerrenden. Somit strichen wir das Großsegel und befuhren das Fahrwasser, das auf die östliche Brückenöffnung zuführt.
Punkt 10.14 Uhr Passage. Das Herz stockte, die Gedanken nach Kahneman* System 1 lauteten nur Flucht! „Da passen wir NIE durch!“
Aber es war zu spät für ein Abbruchmanöver, wir fuhren mit 4,5 kn unter den Bogen. Und … es passierte nichts! Von unten war ein Abstand von ca. 1,5 bis 2 m zu sehen. Somit Anstoß mit Kaffee, System 2 nach Kahneman hatte gesiegt. Und wir auch.
Die Fahrt nach Kerteminde verlief fantastisch, bestes Vorwindsegeln unter Vorsegel. Das Anlegen hingegen war interessant, da im Hafen der gleiche Wind, SE5 steht und wir quasi quer dazu in die Box wollten. Wir entschieden uns ausnahmsweise für das Anlegen mit Bug voraus. Somit hatte die Leiter, die Regina extra für solche Gelegenheiten mitnahm, endlich ihren Einsatz.
Rundgang durch die schöne Stadt, Besichtigung der Windmühle, entlang der Kerte, junge Leute sprangen in den Fluss und ließen sich auf der gegenüberliegenden Seite ca. 60 m später schwimmend hinüber treiben. Das erste Mal Bargeld ausgeben für ein italienisches Eis. Drei Kugeln für 49 DKK. War sehr lecker.
Am Abend wieder Dinner an Bord, diesmal Schweineschnitzel mit griechischen Nudeln und Paprikasoße. Absacker an Bord. Der Wind kommt immer noch scharf rein. Trotz warmer Sachen und Decke gewinnt der Windchillfaktor. Wir gehen gegen halb zwölf in die Koje.
Hafengebühr 150 DKK plus 25 DKK Strom
*) Daniel Kahneman, Schnelles Denken, langsames Denken, Zwei-Systeme-Theorie
Tag 5, Mittwoch, 24.08.2022 Kerteminde nach Bogense, 38 sm
Dieser Abschnitt beinhaltet die weitestete gesegelte Distanz und den nördlichsten Punkt unseres Törns.
Heute bereits um 05.50 Uhr aufstehen, klar Schiff machen. Mit beiden Luvleinen um 07.00 Uhr bis zu den Dalben verholen, dann raus. Sofort Vollzeug und dann bis kurz vor Bogense auf allen möglichen Kursen durchgeseglt: Amwind, Halbwind, Raumwind, Vorwind, Raumwind, Amwind. Kurz vor Schluss mal wieder eine Delfinsichtung. Einfahrt in den Hafen gegen 14.00 Uhr. Anlegen rückwärts an den Steg, perfektes Anbordkommen für uns. Kaffee und Schweinsohren. Ortserkundung, mal wieder zwei Stunden, u.a. haben wir das kleinste Haus Dänemarks mit 25 m² von außen besichtigt. Auch das Männeken Pis und die Nixe an der Hafeneinfahrt. Wanderung bis zur Mole und entlang des schönen Fischereihafens, bei dem es heute eher heißt: Sehen und Gesehen werden.
Hafengebühr 200 DKK plus 25 DKK Dusche
Auch mal wieder SUP Richtung Sandstrand, ordentlich Wind und Abdrift, Festmachen an Badeplattform und Baden. Gerade noch rechtzeitig komme ich aufs SUP, dann kommt schon eine Qualle daher. Die typische Ostseequalle.
Das Dinner an Bord, heute gib es Nudelsalat mit Tomaten, Ei und heißen DKW (Dosenkochwürstchen). Absacker an Bord, irgendwie werden wir immer früher müde und gehen bald in die Koje.
Tag 6, Donnerstag, 25.08.2022 Bogense nach Aarø, 35 sm
Wir laufen um 07.00 Uhr aus. Heute wird ein Motortag! Segeln ist nur in Nuancen möglich. Kurz vor der Einfahrt in den Middelfart Kanal.
Starke Strömung und zwei genügend hohe Brücken, wenig Verkehr, eigentlich nur Segler. Eher unspektakulär. Im Kanal selbst Großsegel mit Motor. Und endlich, nach dem Kanal sollte es losgehen, doch der Wind kam nicht daher, woher er eigentlich sollte. Statt von E bis SE kam er direkt aus Süden und damit voll entgegen. Wir entschieden uns wieder für eine Fahrt unter Motor, die bis in den Hafen ging. Gegen 14.30 Uhr Einfahrt in den Hafen Aarø. Ein kleiner gemütlicher Hafen auf einer kleinen beschaulichen Insel. Das Anlegen war nicht ganz easy, da mal wieder bis zu 14 kn ungebremst im Hafen standen. Wir entschieden uns trotzdem für das Anlegen mit Nase im Wind und Heck gegen Steg direkt zwischen den Dalben durch.
Hafengebühr 180 DKK
Nach dem Anleger mieteten wir einen Golfcart und befuhren eine Stunde lang die Insel, rund 8 km.
Tag 7, Freitag, 26.08.2022 Aarø nach Sønderborg, 30 sm
Und wieder, das letzte Mal auf diesem Törn um 06.15 Uhr aufstehen, Joggen zum Leuchtturm, nach dem Frühstück klar Schiff und gegen 09.00 Uhr auslaufen. Schöner Segelwind aus SE4-5. Im ersten Reff meist gesegelt, teilweise unter Hilfe des Motors. Fahrt in den Als Sund und den Kanal.
Wir erreichen den Nordhaven von Sønderborg gegen 15.20 Uhr und machen an der Westpier bei den Fischern fest. Um 15.38 Uhr wollten wir schleusen, die Uhr springt jedoch weiter und die Öffnung der Brück erfolgt nun eine Stunde später. Also nochmals festmachen. Dänen und Deutsche regten sich auf, wir nicht. Stattdessen eher Sorge um das Wetter, es sind Schauer- und Gewitterböen angesagt. Der Himmel sieht auch schon entsprechend aus, die Wolken verziehen sich jedoch immer wieder.
Dann endlich freie Durchfahrt und anschließend zum Tanken in den Hafen. Für 20 Motorstunden bunkern wir 42 l Diesel. Dann zu unseren Stammliegeplatz am Kopfende des Steg A.
Hafengebühr 190 DKK
Gegen 17.25 Uhr können wir das Schiff ohne Blessuren zurück geben. Wir gönnen uns ein Bier und einen tollen Anleger.
Tatsächlich gibt es heute auch noch mal ein Dinner an Bord, diesmal Gnocchi mit Peperonada. Als Absacker gibt es ein Gläschen Rotwein. Wir warten auf Regen und Gewitter, was beides nicht kommt.
Übergabe der SY STUTTGART am Samstag, 27.08.2022 nach 196 Seemeilen
Nach dem Frühstück geht’s los. Klar Schiff zur Übergabe machen! Seesäcke packen, außen und innen reinigen, Wasser bunkern, Bilge kontrollieren, Motorölstand checken, Verbrauchsstoffe Diesel und Gas berechnen und mit Bordkasse abgleichen, Liegegebühr für die kommende Woche zahlen, u.a.m.
Regina putzt und reinigt das komplette Boot von innen. Ich selbst außen. Logbücher abschließen.
Gegen 14.30 Ausflug nach Sønderborg Downtown. Speisen eines Original Pelet Hotdog. War sehr lecker, Regina sagt, so wie bei Ikea, nur sechs mal so teuer. Probieren eines Original Softeis. Schmeckt exakt so wie vor 50 Jahren und ist sicherlich das letzte der nächsten 50 Jahre.
Noch einmal mit dem Stand-up Paddle raus, vor dem Badehaus Sønderborg Vikingeklub, einem dänischen Badehaus. Das mache ich vom SUP dann auch, Baden und Schwimmen.
Dinner. Ja, es ist tatsächlich möglich, auch in Dänemark essen zu gehen. Wir entscheiden uns für das Marina Café und genießen je eine Portion Rødspættefedt, das ist paniertes Schollenfillet mit Pommes.
Am nächsten Morgen reisen wir bereits um 06.00 Uhr ab und können eine Fahrt verzeichnen, die frei von Staus ist. Während wir immer weiter Richtung Süden unterwegs sind, wachsen die Staus hinter uns wieder kilometerlang an. Um 15.30 Uhr kommen wir zuhause an.